.. obaubada
Wie finde ich Gott im Alltag?
Lebensgeschichten von Benjamino, dem fröhlichen Mönch aus dem vergriffenen Buch
“die Stimmgabel der Liebe” (Paulusverlag ISBN 3-7228-0159-1 vergriffen)
Wie jeder gesunde Junge, habe auch ich viele und grosse Träume gepflegt und überall schöne « spanische Schlösser » gebaut. Alles ist aber schnell zusammengefallen, so dass ich die Wahrheit des italienischen Sprichwortes spürte:
“Zwischen Sagen und Machen steht das Meer.”
italienisches Sprichwort
Allein kann ich das Meer nicht überqueren. Wie klar wird dann Dein Wort Jesus:
“Ohne mich könnt ihr nichts tun”
Jesus Joh. 15,5
Du Jesus, bist das Schiff, das wir für die Überquerung des Meeres brauchen, aber Du bist immer so versteckt, wie ein Unterseeboot, und nur mit dem Radar der Liebe kann man Dich finden. Nur mit Dir können auch die grössten und schönsten Träume Wirklichkeit werden.
Genau so wie Mose wolltest Du, Jesus, auch mich in ein gelobtes Land führen. Es ist das grosse und reiche Land der Innigkeit mit Dir. Der Exodus (Auszug aus Ägypten) war nicht leicht, die Wüste endlos, und das Rote Meer konnte ich nicht, wie einst die Israeliten, ganz trockenen Fusses durchqueren. Kalte Duschen bekam ich mehr als mir lieb war, und ich merkte bald, dass ein paar Jahre Noviziat nicht genügen würden, um ins gelobte Land zu kommen. Jesus, durch wie viele Abenteuer hast Du mich während dieser Reise geführt! Gerne erinnere ich mich an einzelne Wegstücke und Erlebnisse, aber in meinem Kochgehirn ist es wie bei meiner Gemüsesuppe: alles wird vermischt, das heisst: Daten und Zahlen liegen durcheinander in der « Wüstensuppe ». Ich kann sie nicht mehr einzeln herausfischen und vorlegen, aber ich bin ganz sicher, dass trotzdem viele Menschen an meinem « Eintopf » Geschmack, Freude und Hilfe finden werden. Du, Jesus, bist ja der Chef, und wenn Du mitkochst, muss einfach etwas Gutes herauskommen.
Bei der Kinderstadt in Santa Marinella, ungefähr 100 Kilometer nördlich von Rom, habe ich eine der schönsten und wichtigsten Erfahrungen meines Lebens gemacht. 150 Strassenbuben wohnten hier. Diese galt es zu betreuen, zu erziehen, und ich durfte zusammen mit einer Gruppe von Betreuern und Erziehern mithelfen. Damals hatte ich einen geistlichen Führer, welcher in seiner originellen Art einzig war. Einerseits war Don Giuseppe ein gebildeter, grosser Theologe, zugleich war er aber auch der grösste Freund der Strassenbuben. Einmal war Don Giuseppe über längere Zeit abwesend. Bei seiner Rückkehr zur Kinderstadt sagte er zu mir:« Heute Abend, wenn die Kinder im Bett sein werden, will ich dich etwas Schönes lehren. » Ich war richtig gespannt auf diese « geistliche Nahrung », denn Don Giuseppe kam gerade von Lourdes und Fatima zurück. Ganz bestimmt wollte er mir davon etwas erzählen, dachte ich. Aber weit daneben! Don Giuseppe lehrte mich nämlich ein volkstümliches Liebeslied, welches er auf der langen Reise selber gelernt und gesungen hatte.
In diesem Lied geht es um ein Mädchen, welches seinen Geliebten um ein Taschentuch bittet. Das Mädchen wäscht dann dieses Taschentuch im Brunnen, und jeder Schlag bedeutet einen Liebeskuss. – Ich hatte alles Mögliche von Don Giuseppe erwartet, nur nicht so etwas; es wirkte auf mich wie eine kalte Dusche.
Missmutig und verärgert ging ich zu Bett, konnte lange nicht einschlafen, und am nächsten Morgen in der Kapelle wusste ich Dir, Jesus, überhaupt nichts zu sagen. Da fiel mir das Lied vom Vorabend ein, und ich sang es Dir ganz einfach vor. Es schien mir so, als hättest Du an dem Lied gefallen, und ich verstand, dass alles, was aus einem liebenden Herzen kommt, Dich erfreuen kann. Später im Kloster, wenn es mir beim Geschirrspülen oft zu langweilig wurde, sang ich für Dich einfach dieses und ähnliche Liebeslieder, natürlich leise, wie es sich in einer monastischen Küche gehört! Eines Tages wurde ich vom Spülbecken abberufen und kam hinter eine Schreibmaschine zu sitzen. Vater Abt brauchte nämlich ein Sekretär, und auf Grund meiner kaufmännischen Ausbildung schien ich ihm dafür die richtige Person zu sein.
Haben Sie schon einmal versucht, auf der Schreibmaschine zu tippen und gleichzeitig Liebeslieder zu singen?
Also bei mir ging das überhaupt nicht, entweder stockte der Gesang, oder ich tippte daneben. Auf alle Fälle sehnte ich mich zurück nach dem Spülbecken. In der Kirche, in der Gegenwart Gottes suchte ich Ruhe und Trost. Da fiel mir Don Giuseppes Liebeslied wieder ein, und ganz speziell eine Strophe, in welcher es heisst :« Jeder Schlag ein Liebeskuss. » Jeder Schlag, – ich überlegte, – ja, wie viele Schläge hatte ich heute auf der Schreibmaschine gemacht, aber Schläge, welche mit vielem, nur nicht mit einem Liebeskuss verglichen werden konnten. Ich war ja so verärgert gewesen und hatte Heimweh nach der Küche gehabt. Das durfte von nun an nicht mehr so sein.
Ich schrieb auf einen kleinen Zettel die italienischen Anfangsbuchstaben der betreffenden Strophe: « Ogni battuta un bacin d’amore. » Den Zettel befestigte ich gut sichtbar an meiner Schreibmaschine. Ärger und Heimweh waren verflogen, ich tippte fröhlich auf meiner Maschine, denn jeder Schlag war jetzt ein Liebeskuss: obaubada. Am Abend konnte ich nicht einschlafen, so glücklich war ich, und mein Herz klopfte laut vor Freude. So wurden auch aus den Schlägen des Herzens lauter obaubadas, und ich fügte bei:« Für Dich, Jesus, und für jedes Herz!» Mit dieser Entdeckung stand ich unvermittelt und ohne es eigentlich zu wissen an der Eingangstüre zum gelobten Land, zum Herzensgebet, welches mich in damals noch unbekannte Weiten und Tiefen, in eine grosse Innigkeit mit Dir und so mit allen Brüdern und Schwestern führen sollte.